Spitzen kann man auf unterschiedliche Weise herstellen. Sie zu klöppeln ist eine mehr als 5 Jahrhunderte alte Handarbeit, ein Handwerk, und neben der Nadelspitze ist sie „eine echte Spitze“. Andere Techniken imitieren die Musterung und Machart, denn Klöppelspitzen waren dem Adel und Klerus vorbehalten und durften von den Klöpplerinnen selbst nicht getragen und verwendet werden. Deshalb wurden die kostbaren Spitzen mit anderen Handarbeitstechniken nachgeahmt.
Klöppeln ist eine Flechttechnik, deren Prinzip eine vierteilige Flechte ist.
Die Grundschläge, „Bewegungen“ heißen Drehen und Kreuzen, ähnlich wie es beim Stricken linke und rechte Maschen gibt. Aus diesem Drehen und Kreuzen bestehen – nur unterschiedlich miteinander kombiniert – alle Klöppelspitzen, von Anfang an bis heute!
Man benötigt ein Klöppelkissen, das kann ein Flach- oder ein Rollenkissen sein, die entsprechenden Flachkissen- oder Hülsenklöppel, Garn und viele, viele Stecknadeln, eine Häkel- oder sog. Maschenfangnadel, eine scharfe Stickschere, dünnen Karton und matte, farbige Klebefolie für die Klöppelbriefe.
Der Klöppelbrief ist die Mustervorlage, die auf dem Klöppelkissen befestigt und auf der geklöppelt wird. Die Stecknadeln fixieren die Spitze während der Arbeit. Nach der Fertigstellung werden sie entfernt und die Spitze vom Kissen abgenommen.
Man bekommt das notwendige Material im Klöppelversandhandel, der im Internet mit zahlreichen Online-Shops vertreten ist. (In meinen Kursen biete ich ein Probier-Equipment an und bin bei der Anschaffung des „richtigen“ Materials gerne behilflich.)
Die heute international gebräuchliche Farbsymbolik ist eine hilfreiche Arbeitsanweisung, mit der nicht nur das Lernen, sondern später auch das eigene Entwerfen von Klöppelspitzen möglich ist.
Ursprünglich fanden Spitzen in der Kleidung und in der Hauswäsche Verwendung. Heute sind unendlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten gegeben: von der Rekonstruktion alter Spitzen bis zum Entwerfen z.B. neuer Gründe, von Schmuckstücken bis hin zu dreidimensionalen Objekten – der Kreativität einer Klöpplerin ist keine Grenze mehr gesetzt.
Spitzen entstanden aus der Notwendigkeit, die lose hängenden Kettfäden von Stoffen zu befestigen, was einerseits durch Säumen, andererseits durch Verknüpfen oder Verflechten der einzelnen Fäden geschehen konnte. Verfolgt man die zweite Möglichkeit: mittels kleiner Spulen aus Holz, den Klöppeln, war ein „Verheddern“ der Fransen ausgeschlossen. Später arbeitete man dann separate Einsätze und Kanten und nähte sie nach dem Säumen an den Stoff.
Spitzen waren zu allen Zeiten, d.h. mit ihrem Aufkommen um 1500, wesentlicher Bestandteil der Mode, zunächst der vornehmen und höfischen, nach der französischen Revolution auch der bürgerlichen Mode.
Die erste umfangreiche Spitzenproduktion ging von Italien im beginnenden 16. Jh. aus. In Venedig war das Zentrum der Nadelspitzen, während Klöppelspitzen in Genua und Mailand gearbeitet wurden. Beide Techniken entwickelten sich mustergleich, zunächst als schmale Zacken. Im Laufe der Jahrzehnte immer breiter und aufwendiger werdend, schmückten sie weiße, leinene Unterhemden und schauten an Ärmeln und Halsausschnitten heraus.
Schon bald gelangten Spitzen über Handelswege nach Flandern, wo Leinengarn in überaus feiner Qualität hergestellt werden konnte. Flandrische Spitzen galten bald als unübertroffen. Die wichtigsten Klöppelorte waren Antwerpen, Brügge, Brüssel, Gent, Binche, Mecheln, Valenciennes und Ypern. Die Spitzen wurden barocker, d.h. üppiger und dichter, Ranken und Blumen waren Motive auf Kragen und Manschetten.
Im deutschsprachigen Raum wurde hauptsächlich im Erzgebirge seit der 2. Hälfte des 16. Jh. geklöppelt. (Andere Regionen sind der Harz, Liebenau und die schwäbische Alb z.B. – im Saarland sind nie Klöppelspitzen hergestellt worden!) Im Erzgebirge führte der Legende nach die Frau eines Bergwerksbesitzers, Barbara Uttmann, die Spitzenklöppelei 1561 in Annaberg ein. Eine Brabanter Flüchtlingsfrau hatte sie das Klöppeln gelehrt, worauf sie es angesichts der wirtschaftlichen Not im Erzgebirgsraum als Heimarbeit verbreitete.
In Frankreich wurde eine regelrechte Spitzenindustrie mit Manufakturen aufgebaut. Selbst in Waisen- und Armenhäusern wurden Frauen und Mädchen angelernt. Einfuhrverbote für ausländische, sprich flandrische und italienische Spitzen wurden erlassen, um die heimische Spitzenindustrie zu fördern (Colbert).
Die Spitze hatte im 18. Jh. eine fast grenzenlose Verwendung in der Mode gefunden: man begann Spitzen volantweise übereinander gerüscht zu tragen, als Krawatten und Jabots, Beinkleider, Hauben mit langen Bändern, sogar Kleider wurden in Teilen gearbeitet und aneinander gesetzt.
Durch die verschwenderische Fülle von Spitzen waren Tausende von Frauen, aber auch Kinder beschäftigt: für Hungerlöhne, in miserablen sozialen Verhältnissen und in steter Abhängigkeit von den Spitzenhändlern, den sog. Verlegern. Der unaufhaltsame Niedergang der Spitzenindustrie begann mit der frz. Revolution und der Entmachtung des Adels. Etwa gleichzeitig wurde die Tüllmaschine entwickelt, und bis zum Ende des 19.Jh. waren die Maschinen so perfekt, dass auch komplizierte Spitzen nachgeahmt werden konnten. Die Heimarbeiter in allen Spitzenregionen Europas wurden durch diese Entwicklungen arbeitslos. Bekannte Spitzenklöpplerinnen trugen im 20. Jh. dazu bei, dass die Kunst des Klöppelns nicht gänzlich ausgestorben ist. Eine regelrechte Renaissance erfährt die Spitze seit Ende der 70er Jahre - als ein vielseitiges und anspruchsvolles und kreatives, aber dennoch erlernbares Handwerk.